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Bekommen KFZ-Techniker:innen immer das Pickerl?

Von „Ich fahre eh nicht schneller als 60 km/h“ bis „Ich repariere das morgen, aber ich brauch bitte zuerst das Pickerl“ – Reinhard Ratz, WIFI-Trainer für KFZ, erzählt im Interview von skurrilen Ausreden bei der Autoüberprüfung und warum auch KFZ-Techniker:innen bei der Pickerl-Überprüfung gelegentlich durchfallen.

Reinhold Ratz

Auf die Frage, ob KFZ-Techniker:innen immer das Pickerl bekommen, verrät Ratz, dass manchmal auch KFZ-Techniker:innen mit ihren Fahrzeugen durchfallen, obwohl sie wissen, wo die Problemstellen sind. „KFZ-Techniker:innen wissen ja was zu reparieren ist, aber das wird oft nur ganz minimalistisch gemacht, gerade noch so, dass es für ein Pickerl reicht. Und manchmal reicht es dann eben doch nicht.“ Doch auch hier nützt die kreativste Ausrede nichts, denn wenn es um Mängel geht, kennt der KFZ-Werkmeister kein Pardon.

Die beliebtesten Ausreden bei der Pickerl-Überprüfung

Aber nicht nur KFZ-Techniker:innen haben Ausreden parat. Reinhard Ratz nennt uns beliebte Ausreden von Kund:innen, wie „Ich fahre ja eh nur einmal die Woche mit dem Auto“ oder „Ich brauche das Pickerl nur mehr für ein Jahr.“ „Und dann im nächsten Jahr sagen sie wieder, dass es ja nur für ein Jahr ist“, erzählt Ratz. Auch Versprechungen, den Mangel am nächsten Tag zu beheben, damit man gleich das Pickerl bekommt, lässt der erfahrene KFZ-Techniker nicht gelten.

Laut Ratz gilt bei der § 57a Überprüfung gleiches Recht für alle: egal ob Privatperson, Firma, Mechaniker:in oder Angestellte:r – bei der Pickerl-Überprüfung gibt es keine Sonderregelungen und Ausnahmen. „Jedes Pickerl ist eine Messungssache, das heißt, diese Prüfpunkte sind für alle gleich. Natürlich gibt es auch gewisse Überprüfungen, die im Ermessen des Gutachters/der Gutachterin liegen, zum Beispiel Roststellen an nicht tragenden Teilen, aber auch hier muss entschieden werden, ob es eine mögliche Verletzungsgefahr gibt“, weiß Ratz.

Durch jahrelange Erfahrung, sehen KFZ-Techniker:innen meist von weitem schon, ob das Auto ein Pickerl bekommt. „Wenn das Auto um die Kurve fährt, können wir schon ahnen, in welchem Zustand es ist. Da bekommt man teilweise schon ein bisschen Bauchweh.“  Von Löchern im Unterboden, ausgeschlagenen Vorderachsgelenken bis hin zu fast verlorenen Reifen hatte Ratz bei der Pickerl-Überprüfung schon einiges dabei.

Pickerl-Nomaden, tierische Besucher und ausgetauschte Motoren

Reinhard Ratz erzählt, dass es auch immer wieder vorkommt, dass Kund:innen fürs Pickerl von Werkstatt zu Werkstatt ziehen, bis sie eines bekommen. „Ich hatte mal einen Kunden, der kam ohne Termin zur Pickerl-Überprüfung. Beim Auto waren die Bremsscheiben nicht mehr okay, also bekam er kein Pickerl. Er wollte es auch nicht reparieren lassen. Später habe ich erfahren, dass er dann zu einer anderen Werkstatt gefahren ist und dort das Pickerl trotzdem bekommen hat. Die versuchen es dann einfach bei einer anderen Werkstatt in der Hoffnung, dass die dann den Mangel nicht finden“, sagt der Experte. Allerdings wird es in der heutigen Zeit immer schwieriger damit durchzukommen, denn inzwischen wird alles digital vermerkt.

Kabelwildwuchs, Mäuse, Vögel und verschiedenste Nester im Motorraum sowie lose Batterien, die nicht in die Halterung passen oder ins Blech gebohrte Löcher für Kabel: Ratz hat schon einiges gesehen. „Eines der skurrilsten Dinge, die ich erlebt habe, war ein Auto, bei dem ein Vierzylindermotor durch einen Sechszylindermotor getauscht wurde. Offiziell hatte das Auto nur 75 PS, durch den neuen Motor waren es dann 170 PS.“ Gerade Verbauungen an Fahrzeugen sind immer wieder ein Problem bei der Überprüfung, denn jede Änderung ist typisierungspflichtig. Auch Verdunkelungsscheiben vorne an den Seiten sind eigentlich nur mit einem Attest erlaubt. „Da kommen dann Ausreden wie ‚Aber ich bin so lichtempfindlich und brauche das‘. Grundsätzlich ist es dann auch erlaubt, allerdings nur mit einem ärztlichen Attest und dann darf auch nur mehr die eingetragene Person damit fahren.“

Sollte die Überprüfung doch einmal ungerechtfertigt negativ ausfallen oder es Probleme bei Reparaturen geben, hat Reinhard Ratz folgenden Rat: „Einfach nachfragen, hinterfragen und kritisch sein.“

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Titelbild: industrieblick/stock.adobe.com

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