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Für die St. Andräerin Andrea Bayer war klar: „Wenn ich mich für die Berufsmatura anmelde, dann ziehe ich das konsequent von Anfang bis Ende durch.“ Gesagt, getan. Ihre Erfolgsgeschichte soll an dieser Stelle all jenen Mut und Kraft schenken, welche ihre beruflichen Sterne ebenfalls neu ordnen möchten.
Andrea Bayer ist eine Frau, die mit beiden Beinen fest im Leben steht. Beruflich als auch privat. Schon als junges Mädchen setzte sie beharrlich ihren Willen durch. „Nach dem neunten Schuljahr begann ich mit der Lehrausbildung zur Bürokauffrau. Obwohl meine Eltern mir die Möglichkeit gegeben hatten, eine allgemeinbildende höhere Schule zu besuchen, war ich damals nicht bereit dazu.“ Noch nicht. Denn nach erfolgreicher Gesellenprüfung und einer Anstellung im administrativen Bereich des KABEG-Landeskrankenhauses Wolfsberg stellte sich für sie immer öfter die Frage: Ist das es das jetzt gewesen? War das alles? Privat schwelgte Andrea mit ihrem Mann und ihren wundervollen Töchtern, welche in den Jahren 2002 und 2004 das Licht der Welt erblickten, sprichwörtlich auf Wolke Sieben. Doch im Hinblick auf die alltägliche Arbeit fehlte ihr zunehmend die Herausforderung. Die Liebäugelei mit der Berufsreifeprüfung begann Schritt für Schritt in ihr zu wachsen und eines Tages wurde kurzerhand der „Bayer‘sche Familienrat“ einberufen und das Vorhaben emsig besprochen.
"Meine Familie bot mir sofort vollen Rückhalt und fand die Idee schlichtweg toll. Sie waren alle von der ersten Sekunde an unheimlich stolz auf mich."
Und so begann ihre vierjährige Reise mit dem WIFI Kärnten. Schnell hatte Andrea sich für die notwendigen Kurse angemeldet. Vier Prüfungen (Deutsch, Mathematik, Englisch und ein Fachbereich) galt es im Zuge der Ausbildung zu bestehen.
Jedes Jahr ein anderes Fach
Andrea entschied sich aufgrund von Familie und Berufsleben für den Weg, sich jedes Jahr ganz explizit einem Fach zu widmen. Und um ihre schlimmste Hürde gleich anfangs zu bewältigen, startete sie mit der Welt der Zahlen, Mathematik. „Meine Begabung liegt definitiv in den Sprachen, Mathematik war für mich immer schon eine Herausforderung.“ Im Nachhinein würde sie die Entscheidung, mit dem Schwierigsten zu beginnen, keinem weiterempfehlen. „Das erschwert den Einstieg immens.“ Aber auch dieses erste Jahr ging vorüber und wurde mit der erfolgreich bestandenen Prüfung abgeschlossen. Ihr Alltag war sprichwörtlich auf die Minute genau durchgetaktet: „Nach dem Frühstück wurden die Kinder in Kindergarten und Schule gebracht, danach ging es zur Arbeit und nach Dienstende weiter zum WIFI-Kurs. Dieser fand einmal wöchentlich statt, immer abends von 18.30 bis 22 Uhr.“ Wenn es Zeit und Energie zuließen, wurde noch bis in die späten Nachtstunden gebüffelt. Andrea ist sich sicher: „Der Zusammenhalt in der Familie hat mich sehr gestärkt. Mein Mann hat sich um unsere Kinder gekümmert, wenn ich mich hinter dem Schreibtisch verschanzte. Meine beiden Töchter halfen im Haushalt mit, so gut sie konnten.“ Und trotz allem klopfte an manchen Tagen der Zweifel an die Tür: Kann ich das alles überhaupt schaffen? Warum habe ich mir das aufgebürdet? Doch der gesunde Ehrgeiz von Andrea gab solch düsteren Gedanken schlichtweg keinen Raum und ließ diese rasch wieder verschwinden. Stattdessen fand man sich in den Abendkursen zu gemeinsamen Lerngruppen zusammen, neue Freundschaften sind entstanden, die bis heute halten. „Es war gleichermaßen ein gemeinsames Lernen und Bedauern. Aber der Halt der Gruppe hat uns alle zusammengeschweißt und zusätzlich motiviert.“
Vom WIFI an die Uni
Die notwendige Konsequenz durfte ebenfalls nicht fehlen: „Wer glaubt, er besucht die Kurse nur ab und an und schafft dann die Prüfungen mit links, der irrt gewaltig. Fehlstunden werden verzeichnet, viel erlauben sollte man sich ohnehin aus eigenem Interesse heraus nicht.“ Lediglich anwesend sein und zuhören ohne selbstständiges Lernen und Wiederholen spielt sich ebenso wenig: „Viele Abend- und Nachtstunden flossen in die Ausbildung.“ Die sich letztlich bewährte und als Türöffner fungierte. Nach erfolgreicher Absolvierung der Berufsreifeprüfung hatte Andrea das Lernen wieder gelernt, daran Gefallen gefunden und inskribierte an der Alpen Adria Universität Klagenfurt für Angewandte Kulturwissenschaften. „Dank meines Arbeitgebers, der KABEG-Management Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft konnte ich 24 Monate an Bildungsteilzeit konsumieren und hatte somit Zeit für das Bachelor-Studium freigeschaufelt. „Dieses hat meinen Horizont wesentlich erweitert und ich konnte meine Italienischkenntnisse festigen.“ Letzteres ist im Übrigen kein einfaches Detail am Rande, im Gegenteil: Eine ihrer großen Lieben heißt Italien. „Ich brenne für dieses Land, dessen südliche Kultur, das Meer. Tagesausflüge mit der Familie wahlweise nach Grado, Udine oder in die einsameren Ecke Friaul-Julisch Venetiens lassen mich zur Ruhe kommen. Dort kann ich meine Batterien wieder aufladen.“
Erst die Prüfung, dann der Karrieresprung
Das angeeignete Wissen aus Berufsreifeprüfung und Studium hat sich nicht nur privat bezahlt gemacht:
"Vor knapp zwei Jahren wurde ich zur Chefassistentin der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe des KABEG-Landeskrankenhauses Wolfsberg befördert und manage in weiterer Folge die Patientenleitstelle."
Das Bachelor-Studium hilft Andrea in ihrem Job täglich weiter: „In unseren Abteilungen haben wir es immer wieder mit verschiedenen Kulturen zu tun. Da kommt mir das Erlernte im Bereich der Kulturwissenschaften zugute.“ Wie schon Benjamin Franklin einst zu sagen pflegte: Eine Investition in Wissen bringt noch immer die besten Zinsen.
Titelbild: contrastwerkstatt/stock.adobe.com